Blogbeitrag

Learning Experience Systeme (LXS)

E-Learning Trends 2021

E-Learning Trends 2021: Learning Experience Systeme (LXS)

Beitrag von Andreas Gerster

„Das könnte Sie auch interessieren“, „95% Übereinstimmung“, „Das sollten Ihre nächsten Reiseziele sein“: Intelligente Algorithmen kümmern sich um unseren Kleidergeschmack, unsere Vorlieben beim Streamen und unsere Sehnsuchtsorte. Neuerdings sollen Sie auch unsere Art und Weise zu lernen beeinflussen. Moderne Learning Experience Systeme (LXS) enthalten Recommender Systemen, die auf Basis von Datenanalysen personalisierte Lerninhalte empfehlen und damit bessere Lernerlebnisse ermöglichen. Hat das klassische Lern Management System (LMS) deshalb ausgedient?

Was sind Learning Experience Systeme (LXS)?

Learning Experience Systeme ermöglichen heute selbstgesteuerte, selbstverwantwortliche und personalisierte Lernerfahrungen und gelten als große Innovation der Lernplattformtechnologie. Sie zeichnen sich in der Regel durch folgende Merkmale aus:

Algorithmen des LXS empfehlen Lerninhalte auf Basis datengetriebener Analysen des Lernerverhaltens (z. B. Lernaktivitäten, bevorzugte Inhalte, Kommunikation mit anderen Lernenden) und ermöglichen dadurch individuellere Lernerlebnisse.

Learning Experience Systeme sind offene Systeme, die auch 3rd-Party Inhalte (z. B. Youtube) durchsuchen und dem Nutzer empfehlen können. Die Zahl der Lerngegenstände ist damit prinzipiell unbegrenzt. Lernende werden also nicht durch definierte Inhaltskataloge eingeschränkt, sondern können selbständig für die relevante Lerninhalte entdecken.

Learning Experience Systeme fördern das soziale Lernen, da sie zum Austausch von (selbst erstellten) Lerninhalten auffordern oder das Lernverhalten anderer in die Auswahl von Inhalten mit einbeziehen (z. B. durch Bewertungssysteme oder Playlists).

Learning Experience Systeme sind userzentriert. Entscheidungen über Fort- und Weiterbildung übernimmt nicht die Organisation, sondern die Nutzer*innen selbst. Lernende entscheiden, welche Inhalte sie auswählen und für das Lernen nutzen wollen.

Einige LXS können durch intelligente Testverfahren Wissensdefizite der Nutzer*innen erkennen und punktgenau Lerninhalte zum Schließen vorhandener Lücken oder zur Wiederholung (Refresher) anbieten. Dadurch, so die Erwartung, kann der Lernprozess effektiver gestaltet und der Return on Learning Investment verbessert werden.

Damit nähern sich Lernsysteme den Funktionweisen und Nutzungsgewohnheiten an, die wir von den großen Internetportalen und -marktplätzen kennen. Sie fügen sich zudem perfekt in den New-Work Kontext ein, der mehr Selbstständigkeit und eine größere Handlungsfähigkeit von allen Mitarbeiter*innen fordert, um auf die Herausforderungen der digitalen Transformation und verkürzte Innovationszyklen besser und schneller reagieren zu können. Mitarbeiter*innen, so die These, werden in Zukunft immer mehr Zeit damit verbringen müssen, selbstständig Neues zu lernen und anwendungsbezogen zu verarbeiten. Um in der Lage zu sein, mit den sich schneller wandelnden Anforderungen der Organisationsumwelt umzugehen, rückt das selbstverantwortliche Lernen in den Mittelpunkt zukunftsorientierter Lernszenarien.

Was sind Lern Management Systeme (LMS)?

Lern Management Systeme sind hingegen eher geschlossene Plattformen, auf denen sich digitale Lehr-Lernprozesse abbilden lasen. Einige ihrer Funktionen überschneiden sich mit LXS und umgekehrt. LMS zeichnen sich in der Regel durch folgende Merkmale aus:

Auf LMS-Plattformen werden Lernmaterialien abgelegt und in einem Kurssystem organisiert. Dem Kurssystem liegt in der Regel ein durchdachtes Curriculum (Kursprogramm) zugrunde, das vom Lehrenden auf der Plattform angelegt wird. Expert*innen definieren, welche Inhalte wie aufeinander aufbauen.

Lernmaterialien oder Kurse werden häufig in Lernpfaden organisiert und mit Lernaktivitäten verbunden, sodass eine nach didaktischen Kriterien (vom Einfach zum Schweren, vom Konkreten zum Abstrakten, vom Nahen zum Fernen, storybasiert, fallbasiert) gestaltete Sequenzierung des Lernens stattfindet. Innerhalb der Lernpfade findet die Präsentation von Inhalten und anschließenden Übungen im Wechsel statt.

Auf der Plattform lassen sich vielfältige Rollen definieren. Inhalte, Trainer*innen und verschiedene Lerngruppen können miteinander verbunden und der Lernvorgang damit umfassend organisiert werden. Zudem kann die Kommunikation zwischen den Lernenden und Trainer*innen durch Kommunikationstools gesteuert werden.

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Organisation eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Lernvorgänge einnimmt. Sie definiert das Curriculum (Kursprogramm) auf Basis von Skill-Gap-Analysen oder strategischer Entscheidungen. Sie bestimmt auch über die Lerninhalte, legt Lernpfade fest und verbindet Kompetenzziele und Zielgruppen. Kritisch kann angemerkt werden, dass dieser Ansatz die Gestaltung des Lernens auch limitiert, da nicht die Nutzer*innen selbst, sondern Expter*innen die Konzeption und Organisation der Lernumgebung bestimmen. Das LXS verfügt demnach hinsichtlich der Anforderungen an selbstgesteuerte Lernszenarien über technologische Vorteile gegenüber dem LMS.

Doch welches Lernsystem ist besser?

Die Frage, welches Lernsystem besser ist, zielt in die falsche Richtung. Präsziser sollte gefragt werden, für welche Zwecke und unter welchen Bedingungen beide Systeme bestmöglich eingesetzt werden können. Wir haben deshalb die Merkmale und Stärken beider Systeme (idealtypisch) für Sie zusammengefasst.

Fazit

Es hängt also ganz wesentlich von den Einsatzszenarien, den Zielen und der existierenden Lernkultur ab, welche Plattform in einer Organisation zum Einsatz kommen sollte. Lern Management Systeme sind überlegen, wenn es darum geht, zielgerichtet neue Inhalte in den Lernprozess einzubringen (Einleitung von Change-Prozessen) und diese Inhalte sinnvoll anzuordnen und zu sequenzieren. Damit eignen sie sich besser für den umfassenden Kompetenzaufbau und die Aneignung von Expertenwissen. Dagegen entfalten Learning Experience Systeme ihre Stärken beim sozialen Lernen, beim Filtern unsortierter Lerngegenstände und beim individuellen Performance Support. Es hilft also insbesondere dabei, sich schnell über bestimmte Inhalte zu informieren oder Wissen aufzubauen und bietet dabei ein individuelles und soziales Lernerlebnis. Dies hilt aber nur dann, wenn Lernende bereits die Fähigkeit besitzen, souverän mit Information umzugehen und sie sinnvoll in ihre „persönlichen Curricula“ einzufügen. Aus unserer Sicht sollten Käufer*innen also darauf achten, dass sich im LXS weiterhin auch gemanagte Lernprozesse gut abbilden lassen.

LXS: Prinzipiell unbegrenzt, doch wie ist der Bezug der Inhalte zueinander definiert (Ähnlichkeit, Häufigkeit, Bewertung)? Beurteilung der Qualität der Inhalte durch die Lernenden notwendig.

LMS: Sind begrenzt und durch Experten hinsichtlich der Qualität geprüft, didaktisch angeordnet und sachlogisch aufeinander bezogen.

LXS: Neue Lerninhalte können entdeckt werden, aber Neigung, ähnliche Inhalte zu empfehlen.

LMS: Völlig neue Lerninhalte können bewusst präsentiert werden.

LXS: Lernpfade müssen vom Lerner selbst erstellt werden. Ggf. Hilfen durch das System auf Basis von Deskriptionen.

LMS: Lernpfade sind nach fachlichen und didaktischen Kriterien definiert und enthalten ein Rhytmisierung von Inhaltspräsentation und Übungen.

LXS: Eigene Lernerfahrungen und Lernererfahrungen anderer werden systematisch berücksichtigt (Vorwissen, Bewertungen, Empfehlungen)

LMS: Eigene Lernerfahrungen können mittels Kommunikationstools weitergegeben werden, sind aber nicht formalisiert.

LXS: Gut bei Performance Support im Kompetenzbereich Knowledge, aber Anwendungsorientierung des Wissens (Skills und Attitudes) nur begrenzt möglich?

LMS: Durch die individuelle Gestaltung von Lernpfaden können gezielt alle Kompetenzbereiche zielgenau adressiert werden. Performanz kann überprüft werden.

LXS: Souveräne Lernende, die Qualität und Passung von Lerninhalten gut beurteilen können.

LMS: Keine, Lerninhalte können (von Lehrenden) individuell an Voraussetzungen der Lernenden angepasst werden.

LXS: Lerninhalte müssen selbstständig auf Jobprofile bezogen werden, geeignete Übungsformate u. U. nicht verfügbar?

LMS: Lerninhalte und Aufgaben werden jobbezogen konstruiert (Lernaufgabenkonzept), Übungen als Teil des Lernpfads.

LXS: Allgemein intiutives UI/UX Design, Social Learning und Gamification als integrale Bestandteile.

LMS: Abhängig vom System, Social Learning und Gamification meist „aufgesetzt“

LXS: Konnektivismus

LMS: Kognitivismus/Konstruktivismus

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